Cardiotraining für Kraftsportler
Wenn es um das Thema Cardiotraining bei Kraftsportlern geht, herrscht oft große Unsicherheit. Manche sind der Meinung Ausdauersport schade nur dem Muskelaufbau und biete auch sonst keine Vorteile für die Gesundheit. Andere sind von der Wichtigkeit des zusätzlichen Ausdauertrainings überzeugt, sind sich aber unsicher wie sie es richtig in ihren Trainingsplan integrieren können. In diesem Artikel beleuchten wir was Cardiotraining genau ausmacht, welche Vorteile es bietet und wie man es sinnvoll in den Trainingsplan einbauen kann.
Was bedeutet Cardiotraining?
Cardiotraining ist Training für das gesamte Herz-Kreislauf-System. Das Herz-Kreislauf-System ist die Grundlage für jegliche sportliche Aktivität und versorgt die Körperzellen kontinuierlich mit Sauerstoff und Nährstoffen. Ein gut funktionierendes Herz-Kreislauf-System ist daher die Grundlage für einen gesunden Körper. Die wissenschaftliche Definition des Cardiotrainings ist folgende: „[...] eine motorische Fähigkeit, zum Beispiel die Laufgeschwindigkeit über eine möglichst lange Zeit aufrechtzuerhalten, ohne dabei körperlich oder geistig zu ermüden, und sich dabei so schnell wie möglich wieder zu regenerieren. Durch eine bessere Ausdauer ist dann von Beginn an entweder eine höhere Intensität möglich oder die gleiche Intensität kann länger aufrechterhalten werden“. Dies bedeutet, dass eine längere Strecke mit der gleichen Geschwindigkeit gelaufen werden kann. Krafttraining zielt auf Muskelaufbau ab. Hier werden häufig nur einzelne Muskeln oder wenige Muskelgruppen auf kurze Zeit stark beansprucht. Dabei soll ein überschwelliger Reiz Muskelwachstum anregen.
Ausdauersport wird in verschiedene Unterarten eingeteilt. Bei der lokalen Ausdauer ist ein kleiner Teil der Skelettmuskulatur über eine längere Zeit aktiv, was für das Herz-Kreislauf-Training relativ unbedeutend ist. Bei der allgemeinen Ausdauer sind mehr als 15 % der Skelettmuskulatur über längere Zeit aktiv. Dies stellt das optimale Training für das Herz-Kreislauf-System dar. Die bekanntesten Ausdauersportarten wie Laufen oder Schwimmen erfüllen diese Bedingungen auf jeden Fall, da hier große Muskelgruppen in den Beinen und im Rumpf aktiviert werden.
Ein gestärktes Herz-Kreislauf-System bietet zahlreiche Vorteile:
Vorteile für Psyche & Wohlbefinden
Ein wichtiger positiver Effekt ist die verstärkte Ausschüttung von Endorphinen. Endorphine sind sogenannte Neurotransmitter und werden auch Glückshormone genannt. Sie werden unter anderem ausgeschüttet, um Schmerzen zu unterdrücken. Dieser Effekt tritt beim sogenannten Runner’s High oder Läuferhoch auf. Dabei handelt es sich um eine Art euphorische Empfindung, die dem Läufer ein gesteigertes Gefühl des Wohlbefindens vermittelt und Schmerzen unterdrücken kann. Meist tritt dieser Effekt bei Laufzeiten von über einer Stunde oder sehr intensiven kürzeren Läufen ein. Wie genau dieses Runner’s High im Körper entsteht ist bisher nicht im Detail erforscht, als sicher gilt aber eine vermehrte Ausschüttung von Endorphinen und auch Enkephalinen und Dynorphinen, die alle chemisch dem Opium sehr ähnlich sind. Dadurch stellt sich eine Art Rauschzustand ein und Schmerzen werden weitestgehend unterdrückt.
Kollateralenbildung am Herzen - "Natürliche Bypässe"
Das Herz selbst versorgt sich über die sogenannten Herzkranzgefäße (Koronararterien) mit sauerstoffreichem Blut. Kollateralen sind arterielle Gefäßbrücken zwischen den größeren Koronararterien. Diese können durch körperliche Betätigung neu entstehen. Die Kollateralenbildung ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und genetische Faktoren spielen dabei eine Rolle, auch der Grad der körperlichen Aktivität hat darauf Einfluss. Körperliches Ausdauertraining regt das Wachstum von Kollateralgefäßen an, wie die Daten aus 12 Studien in einer Metaanalyse zeigen. Eine gute Kollateralisierung wiederum kann bei einem Herzinfarkt von entscheidender Bedeutung sein. Diese "natürlichen" Bypässe können bei einem Herzinfarkt die "notleidenden" Gewebe über diese Umgehung mit Blut und Sauerstoff versorgen. Patienten mit einer starken Kollateralisierung wiesen in der Studie sogar ein um 36 Prozent verringertes Sterberisiko auf.
Leistungsfähige Lunge
Die Leistungsfähigkeit der Lunge erhöht sich durch Ausdauertraining. Die Atmung wird allgemein effektiver und die Atemmuskulatur gekräftigt. Das gerade auch Betroffene mit Lungenkrankheiten von Ausdauersport profitieren können, haben zahlreiche Studien in den letzten Jahren gezeigt. Bei Asthma und COPD Patienten konnte durch sogenannte Lungensporteinheiten eine allgemeine positive Wirkung auf die Fitness festgestellt werden. Bei diesem Lungensport handelt es sich nicht um Ausdauersport, wie Laufen oder Schwimmen, sondern um ein spezielles Training, das für Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale, COPD mit und ohne Lungenemphysem, Mukoviszidose, Lungenfibrose oder Bronchiektasen angepasst ist. Eine Lungensporteinheit dauert in der Regel zwischen 60 und 90 Minuten. Sie wird von dafür speziell ausgebildeten Übungsleitern durchgeführt.
Der gefürchteten Linksherzhypertrophie vorbeugen
Bei der Linksherzhypertrophie handelt es sich um die pathologische Vergrößerung der linken Herzkammer. Wie jeder andere Muskel passt sich auch das Herz der Belastung an und kann sich bei der Linksherzhypertrophie ungleichmäßig vergrößern. Das kann verschiedene Ursachen haben. Meistens liegt es an Bluthochdruck oder Fehler der Herzklappen auf der linken Seite. Herzklappenfehler müssen meist operativ behandelt werden. Wird eine Linksherzhypertrophie im Anfangsstadium bemerkt und ist ein zu hoher Blutdruck die Ursache, kann eine Umstellung der Lebensgewohnheiten sehr zur Besserung des Bluthochdrucks beitragen. An erster Stelle steht dabei die Beseitigung des Risikofaktors der Verengung der Arterien durch Ablagerungen - Arteriosklerose. Neben der gesunden Ernährung kann insbesondere auch Ausdauersport Arteriosklerose vorbeugen und so ein ungleichmäßiges Wachstum des Herzens verhindern. Beim sogenannten Sportlerherz oder Athletenherz vergrößert sich das gesamte Herz dagegen gleichmäßig, um sich der Belastung anzupassen. Dies ist eine physiologische Antwort auf die vermehrte Belastung durch den Sport.
Effektives Cardio-Training
Regelmäßiges Ausdauertraining kann also auch für Kraftsportler Vorteile bieten. Die Grundfitness kann gesteigert werden und damit können bei manchen Übungen auch ein paar Wiederholungen mehr drin sein. Denn nicht nur der beanspruchte Muskel an sich, sondern auch das Herz-Kreislauf-System kann der begrenzende Faktor bei vielen Übungen sein. Wie oft und wie lange sollten nun die Trainingseinheiten sein, um die positiven Effekte wirken zu lassen? Die Trainingsdauer ist sehr stark von der Intensität abhängig. Bei einem hochintensiven Cardiotrining können schon 20 bis 30 Minuten ausreichend sein. Bei moderater Intensität sind 30 bis 45 Minuten ein guter Richtwert und bei niedriger Intensität dürfen es gerne 45 bis 60 Minuten sein. Die Intensität ist natürlich sehr individuell und hängt vom jeweiligen Stand der Fitness ab. Alle drei Varianten verbrennen ungefähr die gleiche Anzahl an Kalorien und haben einen ähnlichen gesundheitlichen Effekt. Um die gesundheitliche Effekte auszuschöpfen und die Fettabbau-Rate zu optimieren sind drei Trainingseinheiten pro Woche völlig ausreichend. Mehr als drei Einheiten sind auch möglich, hier sollte jedoch auf eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Ruhephasen geachtet werden. Die Intensität kann sehr gut über die Herzfrequenz bestimmt werden. Hierbei spielt das Alter eine relativ große Rolle. 70 bis 85 % der maximalen Herzfrequenz sind ein guter Richtwert für gesundes Ausdauertraining. Mit der Formel HFmax ≈ 207 – [0,7 x Alter] kann die maximale Herzfrequenz ungefähr bestimmt werden. Mit einer Herzfrequenzmessung und dieser Formel kann vor allem beim Einstieg ins Ausdauertraining das richtige Maß an Intensität bestimmt werden.